Aktuelles

Bleiben Sie informiert! Erhalten Sie wertvolle Einblicke und aktuelle Informationen. Melden Sie sich jetzt für meinen monatlichen Newsletter an.

Mit der Anmeldung stimme ich zu, dass meine personenbezogenen Daten genutzt werden, um Newsletter E-Mails zu erhalten, und weiß, dass ich dies jederzeit widerrufen kann.

Newsletter August 2025

Sehr geehrte Leserin,

sehr geehrter Leser,

zunächst möchte ich in eigener Sache zunächst darauf hinweisen, dass wir unsere Internetseite www.stephan-niehaus.de neu gestaltet haben. Sie enthält nach dem Umzug an die Denekamper Straße 4 nunmehr aktuelle Fotos. Zudem lässt sich der Internetseite jetzt eine genau Zufahrtbeschreibung entnehmen.

Auch nach der Sommerpause wurden nunmehr einige neue Gerichtsentscheidungen veröffentlicht, die wir kurz nachfolgend darstellen wollen. Sollten hierzu Fragen bestehen, können Sie sich gerne hierzu melden.

Gliederung:

§ 1 Arbeitsrecht

1. Keine Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit infolge einer Tätowierung,

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.05.2025 – 5 Sa 284 a/24

2. Keine Inflationsausgleichsprämie für Leiharbeitnehmerin,

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.03.2025 – 5 Sa 222 d/24

3. Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung wegen Missbrauch der Machtstellung als Geschäftsführer,

LAG Köln, Urt. v. 09.07.2025 – 4 SLa 97/25

4. Keine Pflicht des Arbeitgebers ein Präventionsverfahren vor einer ordentlichen Kündigung durchzuführen,

BAG, Urt. v. 03.04.2025 – 2 AZR 178/24

5. Rufmordkampagne gegen verdächtigen Arbeitnehmer oder zulässige Befragung aller Mitarbeiter zur Sachverhaltsaufklärung?,

LAG Niedersachsen, Urt. v. 15.01.2025 – 2 SLa 31/24 

6. Freie Mitarbeit einer Musikschullehrerin kein Arbeitsverhältnis,

ArbG Berlin, Urt. v. 15.07.2025 – 22 Ca 10650/24

§ 2 Verkehrsrecht

1. Zur Haftung des Betreibers einer Waschstraße für die Beschädigung eines Fahrzeugs,

BGH, Urt. v. 22.05.2025 – VII ZR 157/24

2. Voraussetzungen einer Reparaturkostenabrechnung über dem Wiederbeschaffungswert,

OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.06.2025 – 3 U 68/24

§ 3 Notariat

1. Wirksamkeit eines Vermächtnisses zugunsten des behandelnden Arztes des Erblassers,

BGH, Urt. v. 02.07.2025 – IV ZR 93/24

2. Begründung von Sondereigentum als rein sachenrechtlicher Vorgang,

OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.03.2025 – 5 W 62/24

§ 1 Arbeitsrecht

1. Keine Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit infolge einer Tätowierung,

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.05.2025 – 5 Sa 284 a/24

Wer sich tätowieren lässt, erhält bei Komplikationen keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Klägerin sei nach dem LAG Schleswig-Holstein zwar arbeitsunfähig krank. Sie habe die Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG aber verschuldet. Nach dieser Vorschrift handelt ein Arbeitnehmer immer dann schuldhaft, wenn er in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt. Die Klägerin habe bei der Tätowierung damit rechnen müssen, dass sich ihr Unterarm entzündet. Dieses Verhalten stelle einen groben Verstoß gegen ihr eigenes Gesundheitsinteresse dar. Sie habe selbst vorgetragen, in bis zu 5 % der Fälle komme es nach Tätowierungen zu Komplikationen in Form von Entzündungsreaktionen der Haut. Dies sei keine völlig fernliegende Komplikation. Bei Medikamenten werde eine Nebenwirkung als „häufig“ angegeben, wenn diese in mehr als 1 % aber weniger als 10 % der Fälle auftritt. Zudem sei die Komplikation in der Hautverletzung durch die Tätowierung selbst angelegt.

2. Keine Inflationsausgleichsprämie für Leiharbeitnehmerin,

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.03.2025 – 5 Sa 222 d/24

Ein Leiharbeitnehmer erhält nicht ohne weiteres eine Inflationsausgleichsprämie, die im Entleiherbetrieb den dort Beschäftigten gezahlt wird.
Die Klägerin wurde von ihrer Arbeitgeberin, einem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen – der Beklagten -, in einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie („Entleiherin“) eingesetzt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31. Juli 2023. Der Arbeitsvertrag der Parteien verwies u.a. auf die für Leiharbeitnehmer geltenden Tarifverträge über Branchenzuschläge für die Metall- und Elektroindustrie („TV BZ ME“) sowie Inflationsausgleichsprämie („TV IAP ME“). Die Entleiherin füllte der Beklagten einen „Fragebogen zur Ermittlung von Equal Pay sowie des Branchenzuschlags ab dem 16. Einsatzmonat“ aus. Die Mitarbeiter im Betrieb der Entleiherin erhielten im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie i.H.v. EUR 1.000,00, die Klägerin dagegen nicht. Sie macht nun gerichtlich diese EUR 1.000,00 sowie weitere EUR 1.200,00 geltend.
Das LAG entschied, dass der von der Entleiherin ausgefüllte Fragenbogen der Beklagten keine Equal-pay-Vereinbarung mit deren Arbeitnehmern darstelle. Die Klägerin habe auch nicht die Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit den Mitarbeitern der Entleiherin i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 AÜG vorgetragen. Dazu müsse sie als darlegungs- und beweisbelaste Klägerin einen Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum vornehmen. Dem werde sie nicht gerecht: Der Verweis, der Klägerin müsse die Inflationsausgleichsprämie schon deshalb gezahlt werden, weil die Stammarbeitnehmer der Entleiherin diese erhalten hätten, reiche dafür nicht aus. Die Klägerin könne die Inflationsausgleichsprämien auch nicht aus dem TV IAP ME beanspruchen: Die Auslegung des Tarifvertrags ergibt, dass im jeweiligen Auszahlungsmonat (Januar – November 2024) der tariflichen Inflationsausgleichsprämien – anders als die Klägerin meint – noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden haben muss. Hier endete das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aber bereits in 2023.

3. Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindungszahlung wegen Missbrauch der Machtstellung als Geschäftsführer,

LAG Köln, Urt. v. 09.07.2025 – 4 SLa 97/25

Das LAG Köln hat die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn, mit der das Arbeitsverhältnis der klagenden Arbeitnehmerin gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 70.000 aufgelöst wurde, größtenteils zurückgewiesen und die Höhe der Abfindungssumme wegen einer geringfügig abweichenden Berechnungsweise auf 68.153,80 EUR festgesetzt.
Das LAG bestätigte, dass der Arbeitnehmerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wegen sexistischer, demütigender und willkürlicher Äußerungen des Geschäftsführers unzumutbar sei (§ 9 KSchG). Der Geschäftsführer der Beklagten habe der Klägerin zudem aus Unmut über die Entwicklung des privaten Verhältnisses zu ihr arbeitsrechtliche Sanktionen angedroht.
Die außergewöhnliche Höhe der Abfindungszahlung begründete das LAG anhand der besonderen Umstände des Falles mit der offensichtlichen Sozialwidrigkeit der Kündigung und der erheblichen Herabwürdigung der Klägerin, die zu einer seit Mai 2024 andauernden posttraumatischen Belastungsstörung geführt habe. Zudem berücksichtigte das Gericht, dass der Geschäftsführer die Auflösungsgründe vorsätzlich durch das Missbrauchen seiner Machtstellung herbeigeführt habe.

4. Keine Pflicht des Arbeitgebers ein Präventionsverfahren vor einer ordentlichen Kündigung durchzuführen,

BAG, Urt. v. 03.04.2025 – 2 AZR 178/24

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, vor einer ordentlichen Kündigung während der Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) ein Präventionsverfahren i.S.d. § 167 Abs. 1 SGB IX durchzuführen.

5. Rufmordkampagne gegen verdächtigen Arbeitnehmer oder zulässige Befragung aller Mitarbeiter zur Sachverhaltsaufklärung?,

LAG Niedersachsen, Urt. v. 15.01.2025 – 2 SLa 31/24 

Die Befragung sämtlicher Mitarbeiter des Betriebes im Zusammenhang mit Verdachtsmomenten gegen einen Arbeitnehmer unter Anwendung eines Fragenkataloges mit etwa 150 vorformulierten Fragen kann zur Sachverhaltsaufklärung gerechtfertigt sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitgeberin die durch die Befragung der Mitarbeiter gewonnenen Informationen dazu verwendet, den Beweis in einem Kündigungsschutzprozess zu führen.

6. Freie Mitarbeit einer Musikschullehrerin kein Arbeitsverhältnis,

ArbG Berlin, Urt. v. 15.07.2025 – 22 Ca 10650/24

Nach § 611a Abs. 1 BGB setzt ein Arbeitsverhältnis die Verpflichtung zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit bei einer Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers voraus. Eine Musikschullehrerin, die über einen langen Zeitraum an einer Musikschule im Land Berlin aufgrund mehrerer jeweils befristeter Rahmenverträge, die ihre Tätigkeit als Musikschullehrkraft in freier Mitarbeit regelten, tätig war, kann sich bei entsprechendem Ergebnis der Gesamtbetrachtung der Umstände nicht darauf berufen, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und dem Land Berlin bestehe.

§ 2 Verkehrsrecht

1. Zur Haftung des Betreibers einer Waschstraße für die Beschädigung eines Fahrzeugs,

BGH, Urt. v. 22.05.2025 – VII ZR 157/24

Hat ein Kraftfahrzeugeigentümer mit seinem Fahrzeug Marke BMW, Modell X 3, das wie alle Fahrzeuge aus derselben Baureihe mit einem Tankdeckel ohne Verriegelungsmöglichkeit ausgestattet ist, eine vollautomatische Waschstraße benutzt und nach dem Waschvorgang festgestellt, dass der Tankdeckel des Fahrzeugs abgerissen und das Fahrzeug am Kotflügel beschädigt war, haftet der Waschstraßenbetreiber nicht für den entstandenen Schaden, wenn auf einem Schild vor der Einfahrt in die Waschstraße „Einfahrbedingungen & Hausrecht“ u. a. der Hinweis erfolgt „Bedienungshinweise des Fahrzeugherstellers zur Waschstraßenbenutzung unbedingt beachten“ … „Tank- und Wartungskappen müssen sicher verriegelt sein“.

Für Fahrzeugschäden während des Waschvorgangs haftet der Betreiber einer Waschanlage im Grundsatz nur bei Vorliegen einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung. Eine solche ist vorliegend gerade nicht gegeben, weil der Waschanlagenbetreiber seinen Hinweis- und Schutzpflichten durch das Einfahrtschild an der Waschanlage genüge getan hat, denn der geltend gemachte Schaden beruht auf einen selbsttätigen Öffnen des Tankdeckels durch Druck auf den Deckel während des Waschvorgangs und diese Öffnung des Tankdeckels hat ihre Ursache darin, dass das Fahrzeug aufgrund seiner baureihenspezifischen technischen Ausstattung über keine Verriegelungsmöglichkeit bei der Nutzung einer vollautomatisierten Waschstraße verfügt. Dieses spezifische technische Ausstattungsmerkmal fällt nicht in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers.

Der hiernach ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast für eine Pflichtverletzung des Waschanlagenbetreibers ist der Kraftfahrzeugeigentümer nicht hinreichen nachgekommen.

2. Voraussetzungen einer Reparaturkostenabrechnung über dem Wiederbeschaffungswert,

OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.06.2025 – 3 U 68/24

Der Geschädigte kann den tatsächlich entstandenen Reparaturaufwand ersetzt verlangen, wenn es ihm gelingt, die Reparatur innerhalb der 130 %-Grenze fachgerecht und in einem Umfang durchzuführen, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat, um es nach der Reparatur weiter zu benutzen. Dies gilt auch dann, wenn das vorgerichtliche Schadengutachten den Unfallschaden infolge der Mitberücksichtigung von Vorschäden unzutreffend abbildet und sich die für den Kostenvergleich maßgeblichen Werte erst nachträglich im gerichtlichen Verfahren ergeben.

Bei der Prüfung, ob der tatsächlich entstandene Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungswert um weniger als 130 % übersteigt, sind Reparaturkosten, die unfallunabhängige Schäden betreffen, nicht zu berücksichtigen. 

§ 3 Notariat

1. Wirksamkeit eines Vermächtnisses zugunsten des behandelnden Arztes des Erblassers,

BGH, Urt. v. 02.07.2025 – IV ZR 93/24

Ein Vermächtnis, das ein Patient dem ihn behandelnden Arzt zuwendet, ist nicht nach § 32 Abs. 1 S. 1 der Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (entspricht § 32 Abs. 1 S. 1 der Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte) in Verbindung mit den §§ 134, 2171 Abs. 1 BGB unwirksam.

2. Begründung von Sondereigentum als rein sachenrechtlicher Vorgang,

OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.03.2025 – 5 W 62/24

Die Begründung von Wohnungseigentum ist ein sachenrechtlicher Akt, dessen inhaltliche Zulässigkeit nur davon abhängt, ob er den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes entspricht, und der unabhängig von der tatsächlichen Bauausführung mit Vollzug im Grundbuch wirksam wird.

Wird das Gebäude nicht errichtet, so bleibt hiervon die Wirksamkeit der Aufteilung und die Richtigkeit des Grundbuchs unberührt; es fehlt nur am tatsächlichen Gegenstand des Sondereigentums (sog. Substanzloses“ Sondereigentum).

Die Anpassung der rechtlichen an die tatsächliche Situation kann in diesem durch Übertragung der Miteigentumsanteile der Antragsstellerin auf die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile erfolgen. 

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Niehaus

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Newsletter Januar 2025

Sondernewsletter: Wenn das Unternehmen in der Krise steckt – Was Arbeitnehmer in der Insolvenz wissen sollten

Anmelden

Mit der Anmeldung stimme ich zu, dass meine personenbezogenen Daten genutzt werden, um Newsletter E-Mails zu erhalten, und weiß, dass ich dies jederzeit widerrufen kann.